Aus Anlass des Weltflüchtlingstages fand in der Cappeler Kirche ein Gottesdienst statt, der das Thema Flucht aufnahm. Im Mittelpunkt standen Erfahrungen, wie schwer es ist bzw. es einem teilweise gemacht wird, nach der Flucht in Deutschland anzukommen und sich ein neues Leben aufzubauen. Dazu hörte die Gemeinde einen bewegenden Erfahrungsbericht aus erster Hand und wurde mitgenommen in die biblische Geschichte des Buches Rut, das ähnliche Erfahrungen thematisiert.
Die Eheleute Ahmad A. und Maryam B. (Namen geändert) aus dem Iran erzählten, wie sie in ihrem Heimatland ein gutes Leben geführt hatten und – beide mit Studienabschluss – auch beruflich erfolgreich gewesen waren. Die Beschäftigung mit dem christlichen Glauben brachte sie aber in Konflikt mit dem Regime, so dass sie fliehen mussten. Dennoch wurde ihr Asylantrag in Deutschland zunächst abgelehnt. Jetzt wartet die Familie schon länger auf das Klageverfahren beim Verwaltungsgericht.
Ahmad A. berichtete vom siebenmonatigen Leben als Familie mit Kind in einer Sammelunterkunft für 1.000 Personen mit minimaler Privatsphäre, der Abhängigkeit von staatlichen Leistungen und den eingeschränkten Möglichkeiten, in Coronazeiten einen Sprachkurs zu besuchen. Auch hätten die eigenen beruflichen Qualifikationen und Erfahrungen kaum eine Chance, anerkannt zu werden. Dennoch würden sie nicht aufgeben.
Pfarrerin Iris Beverung und Landespfarrer Dieter Bökemeier erzählten im Anschluss die biblische Geschichte der Rut. Mit ihrer Schwiegermutter war sie als Ausländerin ins biblische Bethlehem gegangen und hatte dort zunächst Armut und persönliche Gefährdung als Frau ohne Familienschutz erleben müssen. Vieles von dem erleben Menschen auf ihrer Flucht heute ebenso. Rut aber fand rasch Schutz und Aufnahme und wurde schließlich die Urgroßmutter des berühmten Königs David.
Pfarrerin Iris Beverung sah die biblische Geschichte des Buches Rut „als Gegenstimme zu Fremdenfeindlichkeit damals und heute. Es geht dabei um Flucht und Gefahr, aber auch um Gemeinschaft und Solidarität unter den Völkern“.
Pfarrer Dieter Bökemeier, Landespfarrer für Diakonie, Ökumene und Migration, machte auf die flüchtlingsfreundliche Perspektive der Bibel aufmerksam: „Ohne die Migrantin Rut gäbe es David und seine ganze Dynastie nicht. Und ohne die in Deutschland neu angekommenen Menschen würde auch die Zukunft unseres Landes ärmer sein.“
Natürlich berichtete Pfarrer Dieter Bökemeier auch über die intensiven Bemühungen um eine Rückkehr von Muntari aus Ghana – es besteht Hoffnung, dass er in naher Zukunft nach Cappel zurückkehren kann, doch werden noch weitere Spenden gebraucht.
Ein besonderer Höhepunkt des Gottesdienstes war, als die Tochter des Ehepaares ein persisches Lied auf der Kamancheh spielte, einem persischen Streichinstrument.